Wenn die Arbeitgebermarke eine Medaille wäre

Einmal angenommen, eine Arbeitgebermarke wäre eine Medaille. Die eine Seite wäre die Innensicht, die andere die Außensicht und die Rändelung wäre die Verbindung beider Seite. Wie würde sich so eine Medaille darstellen? Alt, neu, verrostet, bemalen? Aus welchem Material wäre sie, Gold, Silber oder Blech?

 

Die eine Seite der Medaille – Die Innensicht

Im Inneren ist das „Wir“. Das „Wir“ ist nicht der Grund, warum sich Menschen in Unternehmen bewerben. Das „Wir“ ist allerdings der Grund, warum Menschen in Unternehmen bleiben. Viele Unternehmen setzen im Bereich des Employer Branding auf zahlreiche Maßnahmen, um neue Mitarbeitende das Wir-Gefühl zu vermitteln. Neben Werte-Schulungen und andere interne Kommunikationsinhalte wird ein Arsenal an Benefits präsentiert: Fitness, Yogakurse, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Weiterbildungsmöglichkeiten, Essensgutscheine, Spielezimmer, Ausflüge und so weiter. Eine ewige Liste, die je nach Branche unterschiedlich ausfällt. Ein Punkt ist zudem immer mehr auffällig: Viele Unternehmen titulieren sich als cool. Geben sich ein Image. Wir sind. Marktführer. Ein sicheres Unternehmen. Innovativ. Familienunternehmen. Wir.

 

Wer diese „Wir“ eigentlich ist und was es ausmacht, wissen jedoch selbst die wenigsten CEOs im Detail.

Die Bandbreite, um sich ein Wir-Image aufzubauen ist vielfältig. Und beginnt vor der Volljährigkeit. Viele Unternehmen versuchen bereits an der Schule neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für sich zu gewinnen. Von der Universität abzuwerben war gestern. Oftmals sind es die großen Konzerne, die mit ihrem Budget den kleinen Mittelständlern und ebenso Startups, die plötzlich 20 Mitarbeitende benötigen, den Vorzug bekommen. Schließlich bieten diese Sicherheit und Aufstiegsmöglichkeiten. Das Spielezimmer und die flexible Arbeitszeit inkl. Qualitätssiegel als familienfreundliches Unternehmen haben schließlich alle andere auch. Ebenso wie schöne Imagefilme, Webseiten und lächelnden Menschen von Stockfotos oder von bezahlten Models. Die Innensicht scheint zu passen, wobei so mancher Blick auf kununu oder glaasdoor den Blick rasch trüben kann.

 

Die zweite Seite der Medaille – Die Außensicht

Im Außen ist es kein „Wir“, sondern nur das „Ich“. Nehmen wir einmal an, ich wäre bei ihrem Unternehmen ein Bewerber. Jemand, den du wirklich brauchst. Welche Schritte und Berührungspunkte sind dann von Nöten, bis ich ein Vorstellungsgespräch erhalte? Reicht es, eine PDF Datei zu senden oder muss ich mich durch eine Datenbank quälen und dir womöglich noch mitteilen, wann ich wo zur Volkschule gegangen bin? Kann ich nur meine beruflichen Stationen aufzählen oder auch meine Kompetenzen anführen? Ich nehme an, dass du Letzteres suchst. Und durch wie viele Hearings muss ich als Kandidat gehen, bis ich ein neuer Mitarbeiter werde? Und überhaupt: Warum sollte ich mich bei deinem Unternehmen bewerben? Wieso? Wer ist der Eigentümer oder CEO? Kümmert er oder sie sich um die eigenen Mitarbeitenden? Finde ich das Unternehmen im Internet? Auf LinkedIn?

 

Kannst du diese Fragen als Unternehmen beantworten? Musst du diese überhaupt beantworten können? Ich sage klar: JA! Und zwar nicht nur auf der Homepage. Weil ich als Bewerber wissen will, mit wem ich es zu tun habe. Mir stehen dazu viele Möglichkeiten zur Verfügung. Etwa Mitarbeiter-Bewertungsportale. Vielleicht kenne ich den einen oder anderen Mitarbeiter persönlich und frage mal nach: Und warum arbeitest du dort? Wie ist es dort? Erzähle. Was würden mir eure Mitarbeitenden erzählen? Spätestens jetzt fallen ganze Kartenhäuser von Marketingkampagnen zusammen. Oder du hast Glück und der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin redet nur Positives über das Unternehmen.

 

Es soll zudem ja auch Menschen geben, die einfach im Unternehmen anrufen und um einen Vorstellungstermin bitten, oder noch schlimmer, die einfach persönlich vorbeikommen. Wie würdest du dann reagieren? Schickst bitte eine Mail? Das kann ich so nicht beantworten. Dafür muss ich zuerst andere fragen. Wie flexibel ist dein Unternehmen, wenn ihr schon Flexibilität bezüglich Arbeitszeiten anbieten? Die Außensicht ist manchmal sehr trügerisch.

 

Die dritte Seite der Medaille – Die Verbindung

Die Rändelung, welches die Vorderseite und Rückseite einer Münze verbindet, ist beim Employer Branding bzw. für eine Arbeitgebermarke die dritte Seite und das wichtigste Element, um strategisch das Image nach außen und die Identität nach innen zu verbinden.

Aus individueller Sichtweise gesprochen, ist es das Gefühl der Zugehörigkeit, der Wertschätzung und der Sinnhaftigkeit der einen Arbeit gegenüber, die ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin empfindet und in der Außenkommunikation eines Unternehmens in Form von Texten, Bildern oder in anderen Formaten wiedererkennt.

 

Employer Branding ist in erster Linie daher interne Strategiearbeit, die mit allen Mitarbeitenden im Unternehmen erarbeitet werden sollte, weil jeder die Identität nach außen trägt.

Nicht nur die HR-Abteilung oder das Recruiting ist dafür verantwortlich. Auch nicht Marketing, PR, Kundenservice, usw. Jeder einzelne Mitarbeiter und jede einzelne Mitarbeiterin kreiert bewusst oder unbewusst eine Arbeitgebermarke.

Am wichtigsten jedoch, aus meiner Sichtweise, ist der CEO oder Eigentümer-Vertreter. Der Mensch, der täglich hoffentlich für alle Mitarbeitenden im Unternehmen sichtbar ist. Warum? Es braucht einen Kapitän oder eine Kapitänin, der oder die nicht nur die Unternehmensrichtung vorgibt, sondern auch die eigenen Mitarbeitenden gerecht und gleichbehandelnd mit auf eine Reise nehmen kann. Einen Menschen, der für die Werte des Unternehmens eintritt und ein Vorbild ist. Kein Image vermag dies zu schaffen. Daneben sind es alle Führungskräfte, die Leuchttürme, die andere Menschen anziehen, als Vorbilder dienen, Identität schaffen und diese als Markenbotschafter und Markenbotschafterinnen nach außen tragen.

 

Zwischenfazit zur Arbeitgebermarke

Es gibt viele Chancen, um erfolgreich einen Employer Brand zum Brennen zu bringen und damit die drei Seiten einer Job-Medaille menschenzentriert zu verbinden. Die einfachste und zugleich meiner Erfahrung nach am wenigsten gestellte Frage wird den eigenen Mitarbeitenden und ebenso CEOs kaum gestellt: Warum arbeitest du eigentlich hier?

Daraus entstehen eindrucksvolle Geschichten, Visionen und Mission-Statements, denen ein Mensch folgen kann und will. Nicht cooles Marketinggeschrei ala „Wir suchen dich, weil wir sind so g*“ sind daher meiner Meinung nach der Weg, um Menschen für Unternehmen zu gewinnen und zu binden, sondern Reflexion, Strategie, Systemik, Führung und Vorbilder, denen andere Menschen gerne folgen wollen.

Vergesse daher niemals die Rändelung der eigenen Arbeitgebermarke, die Verbindung zwischen Innen- und Außensicht als Arbeitgeber und die Verbindung zwischen dem „Wir“ und dem „Ich“. Es kann darüber entscheiden, die passenden Menschen anzuziehen oder abzustoßen.

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